Roswitha Strasser geb. Plendl
geboren am 10. Februar 1937
in Neustrelitz
gestorben am 25. Juli 2025
in Salzburg
Nachruf
Please find an English translation below
Frau Strasser. Roswitha. Witha. Mutti. Oma. Uroma. Tante Witha. Tante Roswitha.
Wer war diese Frau, die uns heute zusammenbringt, um Abschied zu nehmen?
Sie war eine lebensbejahende Frau. Ihr warmes, strahlendes Lächeln, das sie den Menschen auch in schweren Zeiten geschenkt hat, hat die Sonne aufgehen lassen.
Sie war ausgeglichen, in sich ruhend und hat diese Ruhe auf andere ausgestrahlt.
Sie war freundlich und ging auf andere Menschen offen zu, es gelang ihr auch noch als Witwe neue Freundschaften aufzubauen.
Roswitha war gläubig und fand im Glauben viel Trost.
Kummer machte sie mit sich allein aus, es kamen keine Klagen über ihre Lippen. Man wusste oft lange nicht, wie sehr ihr etwas zu Herzen ging.
Sie war fleißig.
Sie war wissensdurstig.
Sie konnte loslassen.
Die zentrale Identität im Leben war ihre Rolle als Mutter. Das war ihr Selbstverständnis, ihre Lebensaufgabe, ihre Erfüllung.
Frau Roswitha Sieglinde Plendl wurde am 10.Februar 1937 in Neustrelitz in Mecklenburg als drittes Kind bayrischer Eltern geboren. Der 10. Februar war ein Aschermittwoch, der Arzt kam zur Geburt im Frack von der Faschingsfeier.
Bald darauf war es mit Fasching für lange Zeit vorbei, der zweite Weltkrieg begann. Ihr Vater, ein in Fachkreisen anerkannter Physiker, forschte für die Luftfahrt in Hochfrequenzforschung. Die Kindheit hätte schön sein können. Das Haus war gesellig, im Sommer badeten die Kinder in der Müritz, im Winter rutschten sie mit Schlitten von den wenigen Erhebungen im flachen Land. Doch die Idylle wird durch nächtliche Bombenangriffe zerstört. Neben den Betten der verängstigten Kinder liegen die Trainingsanzüge für den kalten Keller bereit. Roswitha wurde dermaßen zappelig, dass sie zu den Großeltern nach Wasserburg am Inn geschickt wurde, sechs Jahre war sie damals alt. „In Bayern bist Du, wenn die Kühe nicht mehr schwarzweiß, sondern braunweiß sind“ sagt man ihr vor der Abfahrt des Zuges.
Bei den Großeltern in der Kleinstadt war sie gerne. Das Essen war rationiert. Die Oma, der ein schweres Schicksal bevorstand, sie sollte mit Kriegsende drei Söhne verlieren, nahm das spindeldürre Kind auf Hamstertouren zu den Bauern mit, in der Hoffnung, dass eine Bäuerin sich erbarmen würde. Aber es gab keine Bombenangriffe, ihr gefiel das behagliche Haus und der bunte Garten, der für das Kind vermeintlich alles hervorbrachte und den kargen Speisezettel aufbesserte. Sie ging gern in die Schule bei den Englischen Fräulein.
Inzwischen wurde Roswithas Vater wegen Kritik an der Führung degradiert. Man zog ins österreichische, nach Reichenau an der Rax, und dort kam das Mädchen wieder zu ihrer Familie. Man wohnte in einer schönen Villa, aber wieder gab es häufig Bombenalarm. Am 30. März 1945 flüchtete die Familie vor den Russen im Zug, um sich im Westen „überrollen zu lassen“, wie Roswitha das im späteren Leben bezeichnete. Es war die Aufgabe des resoluten holländischen Hausmädchen Ria Roswitha von der Schule holen. Die Lehrerin protestierte. Mit festem Griff packte Ria die Hand des Mädchens und so erreichten die beiden noch zeitgerecht den Bahnhof, um sich der Familie anzuschließen. Nichts konnten sie mitnehmen, um keinen Verdacht zu erregen. Roswitha verstand das nicht. Sie war untröstlich, dass sie ihre Puppen Barbara und Inge zurücklassen musste.
Sie gelangten nach Heiterwang in Tirol. Roswithas Mutter Anna war nun mit mittlerweile fünf Kindern auf sich allein gestellt, der Vater musste die Planseewerke übergeben. Die freundliche und hilfsbereite Wesensart der Mutter öffnete der Familie allerorts Türen. Sie lebten in einem alten, einfachen Bauernhof und spielten in den Scheunen der Bauern.
Nicht lange. Die Amerikaner waren im Anmarsch und der Wehrmachtskommandant war nicht willens das Dorf ohne Kampf zu übergeben.
Die Mutter und das Kindermädchen packten die Kleinste in eine Scheibtruhe, man zog ins Ungewisse. Hier die Worte von Roswitha, so oft hat sie es erzählt: „Zuerst sind wir an einer großen Mühle vorbeigekommen, da wurden wir unfreundlich abgewiesen. Dann sind wir in den Wald gegangen. wir zu einer kleinen Mühle gekommen. Das Haus war schon voll, sie haben uns rein gelassen. Sie haben alle eingelassen, da waren auch viele deutsche Soldaten.“ Sie verbrachten die dunkle Nacht im Donner von Geschützen. Tags darauf war es ruhig. Sie kehrten in den Ort zurück, das Kinderbett des Babys war durchschossen worden. Die letzten Tage des Krieges brachten noch viele schlimme Eindrücke und Roswitha mit ihren nur acht Jahren hatte bei Kriegsende am 8. Mai das Gefühl, das ein schweres Gewicht von ihren Schultern fallen würde.
Die Amerikaner transferierten die Familie nach Thumersbach am Zellersee. Dort lebten in einem Bootshaus, hungerten, frierten und wurden von den Einheimischen als Deutsche angefeindet. Aber Hans, der älteste Bruder, kam heim. Roswithas ältester Bruder Hans war mit 16 Jahren eingezogen worden. Nach grausamer Kriegsgefangenschaft auf den Rheinwiesen fand er in Thumersbach wieder zur Familie. Bei Großgmain hatte ihm ein Mädchen den Weg über den Grenzbach gezeigt. Alle waren überglücklich.
Als Wissenschaftler wurde Roswithas Vater in die USA gebracht, seine Familie zog für eine Weile nach Landshut und erreichte im Februar 1948 nach 22 Tagen Fahrt auf rauer See in einem Truppentransporter New Jersey. Roswitha verbrachte mit ihren letztlich acht Geschwistern sichere Teenagerjahre in Boston. Sie war eine exzellente Schülerin, Klassenbeste. Nachmittags, am Wochenende und in Urlauben versorgte und betreute sie die jüngeren Geschwister. Sie war überall, machte alles „und sie hat es wundervoll gemacht“, wie eine jüngere Schwester sich erinnert. Mit Abschluss der Schule setzte Roswitha im Elternhaus die Ausbildung zur Kinderkrankenschwester im Children’s Hospital durch, einem Spital von Weltruf.
Ein befreundeter Priester brachte den Salzburger Radiologen Dr. Erich Strasser in das gastfreundliche Haus von Roswithas Eltern. Erich und Roswitha kamen sich näher und heirateten 1957. 1959 gingen die beiden mit der einjährigen Britta zurück nach Salzburg. Roswitha, die doch so gerne Kinderkrankenschwester war, fand eine neue Aufgabe als Röntgenassistentin in der Praxis ihres Mannes. Ihre Bestimmung im Leben, die sie erfüllende Aufgabe aber fand sie in ihrem Dasein als Mutter und Ehefrau.
Roswitha liebte Salzburg vom ersten Moment an („ich hab‘ doch gesehen wie gut man hier Kinder aufziehen kann“) und ihr Mann tat alles, um seiner Frau ein schönes Leben zu bieten. Beide liebten die Natur, man verbrachte die Wochenenden am See und am Berg, im Sommer bereiste die Familie Europa in Wohnwagen und Zelt. Es waren glückliche Tage voll Gemeinsamkeit, Lachen und Sonnenschein, viele glückliche Tage.
Nachdem die Kinder das Haus verlassen hatten, folgten Fernreisen, u.a. nach Indien, Ladakh und China.
Ihr lieber Mann, Dr. Erich Strasser verschied 1994. In ihrer langen Witwenschaft fand Roswitha Freude am Wandern, sie schloss neue Freundschaften mit Wanderkameradinnen. Weiterhin unternahm sie Reisen, mit ihren Kindern und mit Freundinnen.
Kinderliebend wie sie war, freute sie sich über ihre fünf Enkerl, nun hat sie auch vier Urenkerl und es werden mehr.
Roswitha kannte kein Selbstmitleid, sie ertrug den Schmerz und das Alleinsein nach Jahrzehnten liebevoller Ehe, später ihre schwindende Gesundheit mit stoischer Ruhe. Gelesen hat sie immer gern und in ihren späten Jahren, war es rührend zu beobachten, wie ihre geliebten Bücher sie trotz starker Sehschwäche und riesenhafter Lupenvergrößerung durch die Tage trugen.
Jetzt heißt es Abschied nehmen. Du warst uns allen eine so eine liebe Mutti, Oma, Uroma, Tante, Schwester und Freundin, ein Vorbild, eine Quelle der Stärke, eine Stütze, und Du wirst uns für immer fehlen!
Möge Roswitha in Frieden ruhen und möge Ihr das ewige Licht leuchten!
Obituary
Mrs. Strasser. Roswitha. Witha. Mutti. Oma. Uroma. Tante Witha. Tante Roswitha.
Who was this woman who brought us together today to bid her farewell?
She had a positive outlook on life. Her warm and radiant smile, shared even in the darkest times, brought the sun to rise.
She was balanced, centered and conveyed calm to others.
She was kind and open. Even late in life as a widow, she succeded in building new friendships.
Roswitha was religious and found comfort in her faith.
Pain and sorrow she coped with on her own, she never complained. This to such an extent that it was often not known for a long time that something had affected her deeply.
She was hardworking.
She was eager to learn.
She could let go.
Her genuine identity in life was her role as a mother. That was her essence, her purpose in life, her fulfillment.
Mrs. Roswitha Sieglinde Plendl was born on February 10, 1937, in Neustrelitz, Mecklenburg, the third child of Bavarian parents. February 10th was Ash Wednesday, and the doctor arrived for delivery straight from a carnival celebration still in a tuxedo.
Soon after, all carnival came to an end for a long time - World War II began. Her father, a physicist recognized in his field, conducted high-frequency research for aviation. It could have been a happy childhood. The house was full of life, in summer the kids went swimming in Lake Müritz, in winter they were sliding from every rise across the otherwise flat land. But the peaceful scenes were disrupted by nightly bombing raids. Next to the beds of the frightened children sweatsuits lay ready for the cold cellar. At the age of six, Roswitha became so restless that her parents send to her grandparents in Wasserburg am Inn. “When the cows are no longer black and white, but brown and white you know you’re in Bavaria” they told her before the train left.
Roswitha enjoyed life with her grandparents in the small town. Food was rationed. Her grandmother, destined to endure the tragic loss of three sons at the end of the war, took her on foraging trips, hoping a farmer’s wife might take pity on the skinny child. But there were no bomb raids, she liked the cozy house and the colorful garden, which to the child seemed to provide everything, supplementing the meager meals. She enjoyed attending the convent school run by the English Ladies.
Meanwhile, Roswitha’s father was demoted after speaking up. They moved to Reichenau an der Rax in Austria and this is where the girl was reunited with her family. The villa they lived in was beautiful, but again frequent air raids disrupted life. On March 30, 1945, the family fled by train to escape the Russians, hoping to be “overrun”, as Roswitha would later call it, in the West. It was the task of their determined Dutch nanny, Ria, to pick Roswitha up from school. The teacher objected, but Ria firmly took the girl’s hand, and they reached the station in time to join the family. Not to raise suspicion they could not take anything with them. Roswitha didn’t understand; she was inconsolable about leaving her dolls, Barbara and Inge, behind.
They reached Heiterwang, in the Tyrol. Roswitha’s mother, Anna, was now on her own with five children, as the father had to hand over the Plansee works. The mother’s warm and helpful nature opened many doors for the family. They lived in an old farmhouse and played in the barns.
Once again not for long. The Americans were approaching, and the German commander was unwilling to surrender the village without resistance. The mother and the nanny placed the youngest child in a cart and set off into the unknown. Roswitha told this story os often: “First, we came to a big mill, we were turned away rudely. Then we went into the forest. We came to a small mill. The house was already full, but they let us in. They let everyone in, there were many German soldiers.” They spent the night in the darkness under the thunder of artillery. The day after it was quiet. Returning to the village, they found the baby’s crib riddled with bullets. The final days of World War II brought many horrific impressions and for eight-year-old Roswitha, the war’s end on May 8 felt like a heavy burden was lifted from her shoulders.
The Americans transferred the family to Thumersbach on Lake Zell. There, they lived in a boathouse, hungry, freezing, and despised by locals as “Germans.” But Hans, the eldest brother, returned. Drafted at 16, he had endured cruel captivity at the Rhine meadows before finally finding his way back. A young girl had showed him where to cross the border creek near Großgmain and to everyone’s joy the came home.
As a scientist, Roswitha’s father was taken to the United States. His wife and children stayed for some time behind in Landshut. In February 1948, after 22 days on heavy seas on a former troop transport, they arrived in New Jersey. Roswitha spent her teenage years safely in Boston with her eight siblings. She was an excellent student, top of her class. In the afternoons, during weekends and vacations, she took care of her younger siblings. “She did everything, and she did it wonderfully,” remembers a younger sister. After graduating from High School, she pursued pediatric nursing training at the world-renowned Children’s Hospital.
A priest friend introduced the Salzburg radiologist Dr. Erich Strasser to the welcoming home of Roswitha’s parents. Erich and Roswitha became close and married in 1957. In 1959, the couple returned to Salzburg with their one-year-old daughter Britta. Though Roswitha loved being a pediatric nurse, she took on a new role as an X-ray technician in her husband’s practice. Yet her true calling and fulfillment lay in being a mother and wife.
Roswitha fell in love with Salzburg from the first moment (“I saw right away, that this place is perfect for raising children”), and her husband did everything to make her happy. They enjoyed the outdoors, weekends the they spent by at the lakes and in the mountains. During Summer vacations the family explored Europe with caravan and tent. These were days full of joy and togetherness, laughter, and sunshine - many happy days.
After the children had moved out, the couple travelled overseas - among others to India, Ladakh, and China.
In 1994, Roswithas beloved husband, Dr. Erich Strasser, passed away. During her long widowhood, Roswitha found joy in hiking and new friendships with hiking companions. She continued to travel with friends and her children.
Fond of children, as she was, she was delighted with her five grandchildren, to date she has four great-grandchildren, with more on the way.
Roswitha never indulged in self-pity. She endured the pain and loneliness after decades of a loving marriage, and later her declining health, with stoic calm. Throughout her life, she enjoyed reading, and in her later years, it was touching to see how her beloved books carried her through the days, despite her severe visual impairment and her need for enormous magnication.
Now the time has come to bid farewell. You were such a loving mother, grandmother, great-grandmother, aunt, sister, and friend to us all – a role model, a source of strength,a support, and you will be missed forever.
May Roswitha rest in peace, and may the eternal light shine upon her!