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Günther Naglgestorben am 18. September 2023

Beitrag

Lieber Günther,

ich richte meine letzten Worte bewusst an dich, wissend und fühlend, dass dich diese erreichen werden, auch wenn du physisch nicht mehr unter uns bist.
Die besten Geschichten schreibt das Leben, heißt es - und so war auch unser Kennenlernen vor mehr als 20 Jahren besonders bzw. anders: ich bin in deine Radarfalle getappt. Als ich das Blitzen wahrgenommen hatte, drehte ich um, in der Hoffnung, mein Vergehen "günstiger" regeln zu können. Und da saßt du in deinem Dienstwagen, mit Jean, weißem Ripp-Shirt und einer tiefen Stimme, die mich umgehend fasziniert hat. Wir lernten uns kennen und waren 16 Jahre lang ein Paar.

Unser gemeinsamer Weg war facettenreich, dabei weder romantisch noch idyllisch. Du warst der verstandesorientierte, nüchterne Praktiker, ich die gefühlsbetonte Idealistin mit Hang zur Weltverbesserung.
Wir haben viel gemeinsam erlebt - unsere Reisen führten uns nach Thailand (danke, dass du mir dieses schöne Land nähergebracht hast!), Portugal, Spanien, Griechenland etc. Es gab Kurzurlaube in Österreich, Wanderungen, Motorradtouren, E-Bike-Ausflüge und vieles mehr. Es heißt, es gibt 5 verschiedene Sprachen der Liebe - deine und meine waren nicht ident, doch wenn ich mich auf deine Sprache "eingeschwungen" habe, konnte ich spüren, woran ich deinen Ausdruck von Liebe erkennen konnte.

Ich habe stets bewundert, mit welchem Geschick, handwerklichem Talent, Beharrlichkeit und Gabe zur Improvisation du es oftmals angegangen bist. Die Photovoltaikanlage auf deinem Dach - meine Jalousien, die du elektrifiziert und vollautomatisiert hast - von den vielen Reparaturen an verschiedenen Fahrzeugen und Geräten ganz zu schweigen. Unvergessen, als mein Geschirrspüler kaputt war und du mit einem gebrauchten aufgetaucht bist. Du hattest ihn neuwertig in einer Schulküche aufgetan und mit den Schulschwestern sogar noch einen Nachlass ausverhandelt. Ja, das mit dem Handeln, das konntest du, das lag dir.

Du hattest ausgeprägte Ecken und Kanten, definitiv. Doch es gab auch den "anderen" Günther. Etwas Verspieltes, Weiches konnte man dir ablesen, wenn es um die Begegnung mit Katzen ging. Egal, wo du am Weg warst - keine Katze kam un-gestreichelt an dir vorbei. Es war wie ein Magnetismus zwischen ihnen und dir. Sie gingen dir zu. Die Katze Tina deiner Mama Cilli, die du nach deren Tod weiter betreut hast, hatte in dir ein wunderbares Herrli. Ihr zwei wart wirklich ein besonderes "Gespann" und du hast die Zusage, dich gut um sie zu kümmern, gehalten. Dieses Versprechen an deine Mama zu erfüllen, war dir sehr wichtig.

Du warst ein wacher und kritischer Geist, oft rebellisch, wenn Gefahr bestand, dass dich jemand in eine vorgegebene Struktur zwängen wollte. Du konntest und wolltest nicht gegen deine Überzeugungen handeln und sein. Das hat es in verschiedenen Lebensbereichen natürlich nicht nur leicht gemacht für dich.

Viele deiner vergangenen Jahre waren fast durchgehend von chronischen Schmerzen bestimmt. Dabei hast du wenig unversucht gelassen, um Linderung zu erfahren; warst orthopädisch, neurologisch abgeklärt ... Aufenthalte in der psychosomatischen Klinik, Kur- und Reha-Anstalten. Ernährungsumstellung. Viele Ansätze, die schlussendlich nicht in eine dauerhafte Schmerzfreiheit geführt haben. Dabei gab es sogar jene, die dir deine Schmerzen nicht abnehmen konnten oder wollten. Wie oft bist du tage- und nächtelang (schlaflos) im Kreis gegangen, geplagt von Schmerzen, selbst starke Medikamente halfen oft nicht - ich kann es bezeugen.
Als Grenzgänger hast du deinen Körper zusätzlich geprüft - wie oft hat dir das Leben eine "Bremse" verordnet?! Brüche, schwere Stürze, Prellungen, Abschürfungen, Verletzungen verschiedenster Natur - die Palette war reich.

Nach dem viel zu frühen Verlust deines Papas in deiner Jugend war der Tod deiner Mama im Dezember 2021 ein weiteres prägendes Ereignis für dich. Sie war trotz ihres hohen Alters sehr lange selbständig und fit - du hast dich so gut wie möglich um sie gekümmert, veranlasst, erledigt und "getan". Danke für dein Vertrauen, dass ich dich in deiner Zeit der ersten, tiefen Trauer begleiten und für dich da sein durfte. Für mich ein Zeichen, dass unsere Freundschaft echt und in schwierigen Zeiten verlässlich war.

Und nun diese erschütternde Nachricht, dass du freiwillig gegangen bist. Ich konnte und kann es nach wie vor nicht glauben, nicht fassen, nicht begreifen. Dass du fähig warst, zu tun, was du getan hast - ich hätte es nicht für möglich gehalten. Wie gerne würde ich dich schütteln, dir sagen "He, Günther, mach´ einen Schritt zurück und schau, ob sich nicht ein anderer Weg auftut ...", ... doch: vorbei. So schade. So unendlich traurig.
Was dich schlussendlich bewogen hat, dich für diesen EINEN Weg zu entscheiden - das große Fragezeichen bleibt. Wie ich es bereits bei einer der Kerzen auf dieser Seite formuliert habe, irgendwie hattest du doch immer einen "Plan B"? Wir hätten es uns anders gewünscht, doch dein Wille ist zu respektieren. Es ist der Weg, für den du dich entschieden hast. Eine Freundin hat mir geschrieben, sie habe gelesen, dass manche Lasten nur der Tod nehmen kann.
Möge es so sein und dir neue, tiefe Freiheit und Leichtigkeit geschenkt sein, die du hier in dieser Welt, auf deinem Platz, nicht finden konntest.

Ich danke dir für das Gute, das du in das Buch meines Lebens eingeschrieben hast, lieber Günther, Günni, Günnilein.
Für deinen Sohn Stefan, seine Frau Alexandra und Enkelin Isabella werde ich da sein, so sie mich brauchen sollten. Das verspreche ich dir. Ein guter und warmer Platz in meinem Herzen ist dir gewiss.

In tiefer Verbundenheit,
Erika ❤